Sag´ bescheid

Von Ausdruck und Eindruck

„Barack Obama hat es wiedergefunden, Angela Merkel wird es wohl nie besitzen“, heißt es im Vortext der Spiegel Titelstory „Das Lodern von innen“. Es ist ein Artikel über Charisma und die Frage, ob es erlernbar ist. Ich stürze mich auf die Seiten, auf denen vor allem verschiedene Persönlichkeiten beschrieben werden. Unter ihnen Che Guevera, Lady Di, sogar Adolf Hitler.

Auf die Suche nach charismatischen Persönlichkeiten müssen wir Christen uns nicht machen. Erst mal, weil es in der Natur der Sache liegt, dass diese Leute gefunden werden bevor man sie sucht. Vor allem aber sind wir in der christlichen Szene einfach umgeben von ihnen. Sie heißen Max Lucado, Bill Hybels, Thorsten Hebel, Ulrich Parzany. Und wetten, du kannst deine ganz persönliche Liste fortsetzen?

Die aufgezählten Personen sind nicht unbedingt meine geistlichen Vorbilder, obwohl ich ihre Werke schätze – allen voran Max Lucados Kinderbücher. Aber ich beneide sie um ihre Ausstrahlung. Die will ich nämlich auch.

Charisma würde meinem Glauben nicht schaden. Das heißt, dem Missionsauftrag zumindest nicht. Charisma macht Eindruck auch auf Nichtchristen. Richtig?

Vorwiegend hätte ich Charisma aber gerne aus eher eigennützigen Gründen: Ich möchte bei den Leuten, die ich treffe, Eindruck hinterlassen. Möglichst positiv und möglichst lange. Ich möchte bestimmte Schwächen von mir wett machen. Eine Persönlichkeit sein, ein bisschen schillern und ein bisschen glänzen, nicht zu viel, aber unübersehbar.

Leider war ich mein Leben lang eher unscheinbar. Nicht die graue Maus, aber sicher nicht der natürliche Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Leute vergessen meinen Namen und erkennen mich in der Öffentlichkeit nicht wieder. Kein charismatisches Naturtalent. Ich mache mich also auf die Suche nach meinem Charisma.

Mir ist klar, dass das ein langer Prozess sein wird. Aber ich bin ja noch jung. Und tatsächlich entwickele ich mich über die Jahre. Ich werde selbstbewusster und Spuren von Humor tauchen in meiner Persönlichkeit auf. Ich nehme nicht mehr alles so ernst, aber vermutlich wachse ich einfach nur aus der Pubertät heraus. Meine Hoffnungen ruhen also auf einem anstehenden Auslandaufenthalt. Bestimmt wird er mich verändern, ich habe mich da informiert. Eigene Erfahrungen, und das in einem ganz anderen Kulturkreis, das muss Spuren in meiner Persönlichkeit hinterlassen! Und das tut es tatsächlich. Nur leider sind es keine charismatischen Spuren. Die meisten meiner Freunde sind erleichtert, dass ich mich nicht zu sehr verändert habe, solange ich weg war. Ich bin enttäuscht.

Das einzige einigermaßen charismatische Erlebnis habe ich bei einem wichtigen Referat: Irgendwie schaffe ich es trotz grober Fehler, unsere super kritische Lehrerin mit meiner Präsentation derart zu beeindrucken, dass ich den Raum mit einer hohen zweistelligen Punktzahl verlasse. Doch ansonsten fällt der Ertrag meiner charismatischen Entwicklung sehr dürftig aus.

Vielleicht geht mein Streben nach Charisma in die falsche Richtung. Vielleicht ist es tatsächlich nicht erlernbar, sondern ein Geschenk. Eine Gabe. Mir ist übrigens bewusst, dass das Wort Charisma aus dem griechischen kommt und ursprünglich mit den Geistesgaben verbunden wurde. Aber nicht jeder, der sich seiner Geistesgaben bewusst ist und sie lebt und einsetzt, hat diese Ausstrahlung, nach der ich suche, und die wir heute unter Charisma verstehen. Aber ist es nicht immer so, dass man das, wonach man sucht nicht findet, es einem aber zufällt, sobald man sich nicht mehr darauf konzentriert? Sobald man sich auf Gott ausrichtet? Etwa so wie bei Weisheit und Demut?

Charisma ist für mich inzwischen zu einer Musterfähigkeit geworden. Man versucht sie zu imitieren, aber umsetzen kann man es vielleicht nie. Das ist aber nicht schlimm. Es prägt mich ja trotzdem. Und am Ende bin ich doch dankbar für jedes Quäntchen Ausstrahlung, das ich an mir entdecke. Und sowieso, wahrscheinlich ist hier wieder mal der Weg das eigentliche Ziel. Übrigens, der Spiegelartikel war enttäuschend. Die haben wohl auch keine besseren Erfahrungen gemacht mit dem Thema.


Caro, 20 Jahre

Bild: www.thinkstock.de/Hemera

 

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  1. Marie

    hallo caro, dein artikel beeindruckt mich total! und vielleicht schillerst und glänzt du durch deine artikel? ;)

  2. Becci

    hey caro, cooler artikel! :)